· 

Rundbrief Nr. 42

Liebe Freunde,

unser Verein wird 20 Jahre alt. Am 24. Dezember 1998 gründete ich ihn mit einigen Freunden zur Unterstützung einer französischen Privatinitiative. Nachdem der französische Verein keine weiteren Kinder mehr aufnehmen wollte, machte ich aufgrund der großen überall sichtbaren Not nach ca. drei Jahren mit 13 Kindern mein eigenes kleines Kinderheim auf. Heute betreuen und versorgen wir gut 150 Kinder und Jugendliche in unseren beiden Häusern und Wohnungen. Dazu kommen noch einige junge Menschen, die nicht bei uns wohnen, aber von uns beim Schulgeld bzw. den Studiengebühren oder bei ihrem Unterhalt unterstützt werden. Nie hätte ich es mir träumen lassen, dass sich diese kleine Weihnachtsüberraschung im Laufe der Jahre zu einem riesengroßen Weihnachtsgeschenk für bedürftige Kinder und Jugendliche in Nepal entwickeln würde.  

Zu verdanken ist dies vor allem den verschiedenen nepalesischen Hausleitungen – allen voran Navaraj mit seiner Familie -, Ihnen als Paten und Spender , den zahlreichen Praktikanten und den nepalesischen „didis“ (Angestellten), die für die Kinder putzen, waschen und kochen. Neben allen Einzelspendern möchte ich mich an dieser Stelle auch bei allen Vereinen, Organisationen, kirchlichen Einrichtungen, Firmen und Betrieben sowie Schulen bedanken. Ob Ihre Spende eine einstellige Summe umfasst oder eine fünfstellige Zahl darstellt, sie war und bleibt eine wertvolle Unterstützung, ohne die wir unsere Arbeit nicht tun könnten.

Die Kinder des neuen Haus aufgestellt in Form eines doppelten Herzes
Die Kinder des neuen Haus, mit Vereinsgründerin Ellen Dietrich, in Form eines doppelten Herzes

Nicht vergessen möchte ich die ehrenamtlichen Helfer hier in Deutschland, die bei den administrativen Arbeiten, beim Verpacken von Hilfsgütern für Nepal und Organisieren von Veranstaltungen geholfen haben und helfen.

 

An Sie alle geht ein großes Dhanyabad (Dankeschön). Unsere jüngeren Kinder stellten sich dazu zu einem doppelten Herz auf. 

In diesem Rundbrief möchte ich von den Jugendlichen berichten, die dieses Jahr unser Kinderheim verlassen haben und bis auf ein paar wenige nun selbstständig sind. Die meisten von ihnen gehören zu „meinen“ ersten Kindern und zeigen damit unsere Erfolge. 

Beni beim kochen in der Küche
Beni

Beni hatte mit seinem Bachelor als Hotelfachmann keine befriedigende und zukunftsträchtige Stelle in Nepal gefunden. Er ging zunächst nach Dubai in ein Hotel und arbeitet jetzt als Koch auf den Malediven. Verlockte nur der höhere Verdienst zu diesem Schritt oder hat ihn wie unsere jungen Menschen auch das Reisefieber gepackt?  Beni schweigt sich dazu aus. 

Radheshyam, Ajay und Himal ergriffen den Beruf des Elektrikers, wobei Himal gerade noch seine Prüfung ablegt.  Alle drei sind im Land tätig. Radheshyam verdient für einen Anfänger sogar recht gut; auch Ajay scheint nicht schlecht gestellt zu sein, was uns sehr freut.  Himal will in seine Heimat, das weit im Westen gelegene und noch sehr rückständige Jumla, zurückkehren, um sich dort mit unserer Hilfe selbstständig zu machen. Diese Idee unterstützen wir gerne, denn er trägt damit zur Entwicklung einer Gegend bei, in die sonst kaum jemand gehen möchte.

Santoshi und Bunu sind examinierte Krankenschwestern. Da in Nepal Familienangehörige viele Dienste übernehmen, die in unseren Kliniken Krankenschwestern verrichten, ist es schwierig, bei ordentlicher Bezahlung in einem Krankenhaus unterzukommen. Bunu ging deshalb in die häusliche Altenpflege. 

Zu unserer großen Überraschung bekam sie ein Visum für Australien und besucht jetzt dort einen einjährigen Kurs zur Altenpflegerin, während sie gleichzeitig arbeitet. Santoshi ist inzwischen eine arrangierte Ehe eingegangen und hat nach Hindu-Ritus geheiratet. Wir werden sehen, wie es bei ihr weitergeht.  

Jyoti
Jyoti

In den Industrieländern ist es inzwischen üblich, während des Studiums zu jobben, um sich seinen Lebensunterhalt zu verdienen. Damit werden auch Nepalesen angelockt, die sich häufig sogar noch zum Ziel setzen, ihren Familien zu Hause finanziell unter die Arme zu greifen. Sie nehmen dafür viel Unbill in Kauf: oft haben sie zwei Jobs und arbeiten bis zur totalen Erschöpfung. Sie schränken sich extrem ein, wohnen u.U. mit vielen anderen auf engstem Raum zusammen. Ihrer Gesundheit tun sie damit keinen Gefallen. Aber diese Folgen mögen erst viele Jahre später spürbar sein. Das Geld lockt, denn man verdient im Ausland einfach wesentlich mehr als in Nepal. Die hohen Lebenshaltungskosten, die in diesen reichen Ländern anfallen, kann man sich überhaupt nicht vorstellen und blendet sie deshalb zunächst völlig aus. Das Erwachen kommt später, aber man ist trotzdem finanziell immer noch bessergestellt als in der Heimat, wo es wenig Arbeit gibt und damit häufig Hungerlöhne bezahlt werden. Jyoti ging deshalb nach Polen, studiert dort Journalismus in einem englischsprachigen Studiengang und will mit ihrer Arbeit gleichzeitig ihre Großeltern unterstützen. Die Gefahr besteht dabei generell, dass die Arbeit wichtiger als das Studium wird. 

Manita, Sujan U. und Dinesh haben eine mehrmonatige Ausbildung gemacht. Die ersten beiden in einer Damenschneiderei, Dinesh zum Physiotherapeuten. Während Manita und Sujan nach Abschluss wieder in ihr Heimatdorf zurückkehrten, blieb Dinesh aufgrund eines sehr attraktiven Stellenangebots in einem vornehmen Hotel außerhalb von Kathmandu. Er ist in seinem Beruf so gut, dass er eingestellt wurde, obgleich er das offizielle Mindestalter noch nicht erreicht hatte. Unsere Praktikanten schwärmen von seinen Massagen, die sie bei seinen Besuchen von ihm bekommen. Da er überdies in seinem Hotel der einzige Physiotherapeut ist, der englisch spricht, ist er bei den Gästen sehr begehrt. Bei ordentlicher Bezahlung, freier Kost und Logis und entsprechenden Trinkgeldern steht er sich finanziell sehr gut

Shrijana
Shrijana

Shrjana B. hat gerade ihren Bachelor abgeschlossen und sucht eine Stelle in einer Bank. Jedoch muss sie vorher noch ein paar Monate lang ein unbezahltes Praktikum machen.  

Drei junge Männer befinden sich zurzeit in Deutschland. Madan kam schon 2017 zum Reinschnuppern in unsere Lebenswelt. Ein freiwilliges soziales Jahr (FSJ) in der Jugendarbeit in Schwäbisch Gmünd folgte.  Nebenher lernte er eifrig deutsch und macht jetzt eine Ausbildung zum Erzieher. Für ihn steht heute schon fest, dass er mit dieser fundierten Ausbildung in Nepal arbeiten will, denn in seinem Heimatland wird größtenteils theoretisch ausgebildet.  während die Praxis mit einer fundierten Anleitung auf der Strecke bleibt. Zwei deutsche Familien sorgten bei Madan für einen sanften Start in unsere so viel komplexere Welt, indem sie ihn beherbergten, versorgten und liebevoll betreuten. 

Madan, Jay Pakash und Ashok mit Nepal Flagge
Madan, Jay Pakash und Ashok

Jay Prakash und Ashok besuchen seit September die internationale Klasse 10 am Friedrich-Schiller-Gymnasium in Marbach am Neckar. Für ein Schuljahr als Gastschüler in deutschen Familien lernen sie unsere Sprache, unseren Alltag und unser Bildungssystem kennen. Alles ist so völlig anders als in der Heimat. Sie erwerben sich wertvolle Kompetenzen für ihr späteres Leben in einer globalisierten Welt. 

Bleiben Praman und Umesh, die beide die 12. Klasse abgeschlossen und damit ein nepalesisches Abitur haben. Das theoretische Lernen im Schwerpunkt „management“ (Wirtschaft) fiel ihnen nicht leicht. Wir freuen uns, dass sie dennoch ihr „Abi“ bestanden haben. Gern hätten sie anschließend eine praktische Ausbildung gemacht, aber ihre Großfamilien bestehen auf einen Bachelor.  Ein Mitspracherecht wurde den beiden nicht gewährt, so dass sich der eine unter Tränen verabschiedete.

Da die Kinder bei uns aufgewachsen sind, kennen wir ihre Neigungen und Fähigkeiten besser als ihre Verwandten und wissen um ihre Leistungsfähigkeit. All diese Argumente wurden in den Wind geschlagen. Es ging hier ausschließlich um das soziale Prestige eines Bachelor-Grades. Streng hierarchisch entschied  traditionsgemäß das älteste Familienmitglied - in einem Fall sogar ein Analphabet -  über die Zukunft. Die beiden jungen Menschen müssen sich dieser Entscheidung beugen. Der Verein hat hier nicht mitgespielt. So schwer es uns fiel, ließen wir die beiden mit ihren Verwandten ziehen, die nun finanziell für sie und ihre weitere Ausbildung aufkommen müssen.

Praktisches Arbeiten ist in dem noch stark vom Kastensystem geprägten Land verpönt, denn das haben bisher nur Angehörige niedriger Kasten getan. Und solange   es nur relativ wenige gute praktische Berufsausbildungsgänge gibt, wird sich auch daran kaum etwas ändern.

Drei unserer Didis mit der neu angeschafften Industriewaschmaschine
Unsere Didis mit der neu angeschafften Waschmaschine

Im Jahr unseres 20-jährigen Vereinsjubiläums sollten unsere „didis“ eine Arbeitserleichterung bekommen. Über „betterplace“ und „Gut für die Ostalb“ schrieben wir eine Industriewaschmaschine aus. Die KSK startet immer wieder zu fixen Terminen Verdoppelungsaktionen, bei der sie insgesamt 10.000 Euro ausschüttet und jede Einzelspende bis zu 100 Euro so lange verdoppelt, bis der Betrag ausgeschöpft ist. Bei unserer Teilnahme im Juli war der Betrag unter den 149 teilnehmenden Projekten innerhalb von drei Minuten verbraucht. Dank Ihrer tatkräftigen Unterstützung und schnellen Reaktion erhielten wir die dritt meisten verdoppelten Spenden und konnten an diesem Tag die Maschine voll finanzieren. Am Tag danach machte uns die Firma MIELE ein traumhaftes Angebot: Sie wollte uns eine Waschmaschine schenken, die fast doppelt so viel kostete und die Restkosten übernehmen. Das Unterfangen scheiterte am nepalesischen Zoll, der uns keine Zusicherung gab, dass wir die Maschine ohne 20-30 % Zoll einführen können. Der Firma MIELE sei dennoch für dieses großzügige Angebot herzlich gedankt. 

Zum Abschluss möchte ich Ihnen für Ihre treue Unterstützung danken und Sie herzlich bitten, uns gewogen zu bleiben. Die Lebenshaltungs- und Ausbildungskosten steigen ständig. Wir haben derzeit knapp 40 Jugendliche jenseits der Klasse 10, die wesentlich mehr kosten als jüngere Kinder. - Weitere Paten und Praktikanten sind herzlich willkommen.

Ganz herzlich grüße ich Sie als


Eine Vielzahl weiterer Rundbriefe, der vergangenen Jahre, finden sie auch in unserem Downloadbereich zum herunterladen als pdf.

Kommentar schreiben

Kommentare: 0