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Rundbrief Nr. 53

Sommer 2024

Liebe Freundinnen und liebe Freunde,

 

da Sie nicht alle zu unserer denkwürdigen Jubiläumsfeier kommen konnten, möchte ich dazu erst eine kurze Nachlese geben, bevor ich auf die aktuelle Situation im Kinderheim und unsere nepalesischen Azubis in Deutschland eingehe. 

Dank der Großzügigkeit und des beispielhaften Einsatzes unseres Gmünder Oberbürgermeisters, Herrn Richard Arnold, konnten wir mit rund 330 Gästen im historischen Gmünder Prachtbau, dem Kulturzentrum Prediger, ein unvergessliches 25-jähriges Jubiläum feiern. Die Stimmung war je nach Beitrag nachdenklich und betroffen, fröhlich, ausgelassen und bunt wie die ursprünglich aus Tibet stammenden Fähnchen, die das Foyer des Veranstaltungsortes schmückten.

 

Der Gmünder OB ging in seiner das ganze Spektrum Nepals umfassenden Rede auf die Armut der Menschen in diesem Land ein, die trotzdem bunt und ausgelassen feiern können. Er erwähnte lobend die gut geführten Häuser des Vereins in Kathmandu und mein Engagement für die dortigen Kinder und Jugendlichen, die jetzt sogar eine Ausbildung in Deutschland machen können. Altlandrat Klaus Pavel bezeichnete den Verein als eine bemerkenswerte Initiative des offenen Herzens, die sich mit Kopf, Herz und Verstand für andere einsetzt. 

Patin, Gastmutter und Unternehmerin Sylvia Rall stellte einige der fleißigen, immer gut gelaunten jungen Nepalesen vor, die das Leben in ihrer Familie fröhlicher und bunter gestalten.

Erschrocken und betreten machte der Bericht unseres nepalesischen Leiters, Eak Nath Adhikari (genannt Rajesh), den wir zusammen mit seiner Frau zum Jubiläum eingeladen hatten. Er selbst hatte alle Facetten des nepalesischen Alltags erlebt. Seine Eltern wurden im Dorf als Kinder verheiratet, seine Mutter gebar 12 Kinder, von denen 7 überlebten. Als Zweitältester musste er mit gut 9 Jahren aufgrund von Krankheit des Vaters das heimische Dorf verlassen und für die Familie Geld verdienen. In Kathmandu lebte er zum Teil auf der Straße. Rettung brachte ihm ein dänischer Tourist, der für ihn eine Rikscha kaufte und später zurück zur Schule schickte. Heute hat er einen Bachelor-Abschluss. 

Eine Präsentation zur Entwicklung des Kinderheims in Nepal sowie Berichte von den Jugendlichen über ihre eigenen Schicksale und zur geleisteten Erdbebenhilfe in Jajarkot (siehe RB 52) waren ebenfalls Teil der Veranstaltung, die von tänzerischen und gesanglichen Darbietungen der nepalesischen Jugendlichen umrahmt und aufgelockert wurden. 

Verköstigt wurden wir mit Dalsuppe und Pita sowie mit Kaffee und Kuchen. Schöner hätte dieses Fest nicht sein können.

 

Allen, die zu diesem gelungenen Fest beigetragen haben, möchte ich nochmals von Herzen für ihren Einsatz danken. 

Im April/Mai haben wir 15 Halbwaisen und sechs Kinder mit noch zwei lebenden Elternteilen aufgenommen, deren Familien auf Unterstützung angewiesen sind, weil mit den steigenden Preisen leider auch die Armut zunimmt. Letztere schlafen zu Hause oder bei Verwandten, die in unserer Umgebung wohnen, weil der Staat deren Aufnahme bei uns nicht mehr gestattet. Vier Geschwisterpaare sind unter den neuen Kindern, denn wir wollen ihnen so viel wie möglich an Familie erhalten. Zum ersten Mal in der Vereinsgeschichte haben wir mehr Mädchen als Buben aufgenommen. Die meisten von ihnen sind noch recht klein. Allein sechs von ihnen besuchen unsere Vorschule. Ihre Schicksale erschüttern mich, und ich kann verstehen, dass Rajesh nicht nein sagen konnte, d.h. dass wir wieder für mehr Kinder als geplant die Sorge übernommen haben. Bei den beiden meist Hand in Hand gehenden Schwestern im Vorschulalter hat sich der Vater vor vier Jahren das Leben genommen. Bei sechs der 15 neuen Kinder war der Vater seiner Alkoholsucht, oft noch gepaart mit einer anderen Krankheit, erlegen. In drei Fällen starb der Vater bei einem Betriebsunfall. Betriebsrente, Waisen- oder Witwenrente kennt Nepal nicht. Die Mütter, meist Analphabetinnen, schlagen sich als Haushaltshilfen oder auf dem Bau durch. Die Bildungskarriere wurde bei zwei Mal zwei Geschwistern wegen der Berufstätigkeit der Mütter unterbrochen. Eine schloss während ihrer Arbeit auf dem Bau ihre Kinder in dem Zimmer ein, das als Wohnung diente. Bei der anderen mussten die beiden Söhne mithelfen, den Lebensunterhalt zu verdienen. Nur bei zwei Fällen ist die Mutter tot. Bei einem dieser Mädchen kommt noch dazu, dass der Vater am Tag ihrer Geburt vor sechs Jahren spurlos verschwand. Lebt er überhaupt noch? Ein leider sehr verbreitetes Schicksal traf einen Jungen. Während der Vater in den Golfstaaten arbeitete, lief die Mutter weg, heiratete einen anderen Mann und ließ vorerst den Sohn bei den Großeltern zurück. Die zweite Frau des Vaters behandelte dann ihren Stiefsohn nicht gut. Nachbarn erbarmten sich seiner und brachten ihn in unsere Einrichtung. Wie die anderen neuen Kinder blüht er auch richtig bei uns auf. Unser letztes Schicksal ist das eines Mädchens, dessen körperbehinderte Eltern nicht für es sorgen können. Wen hätten wir abweisen sollen? Wen hätten Sie abweisen können? Jede Abweisung hätte uns das Herz gebrochen.

Für diese Kinder und noch ein paar vom vergangenen Jahr suchen wir dringend weitere Paten. Ein Kind kostet uns inzwischen 150 Euro im Monat, jedoch gibt es nach wie vor Teilpatenschaften ab 30 Euro monatlich. Höhere monatliche Beträge können Sie je nach Ihrer finanziellen Lage selbst festlegen. Den Kindern würden Sie eine riesengroße Freude bereiten, wenn Sie ihre Patin oder ihr Pate würden. Machen Sie doch mit! 

Unseren Azubis in Deutschland, von denen sich die meisten erfreulich gut entwickeln, ist die große Chance bewusst, die sie dank der Unterstützung ihrer Paten erhalten haben, denn niemals wären sie ohne diese so weit gekommen. Die ersten beiden stehen gerade in ihren Abschlussprüfungen. Wir können schon verraten, dass Sachin, unser Produktionstechnologe, seine theoretische Prüfung in der Berufsschule mit einer Belobigung bestanden hat. Er kam mit einem Abschluss in Deutsch auf Niveau B2 zu uns und begann seine Ausbildung ca. drei Wochen nach seiner Ankunft. Wenn das nicht eine tolle Leistung ist! 

Und noch eine Erfolgsgeschichte möchte ich Ihnen nicht vorenthalten. Unsere Azubis in der Pflege müssen als Teil ihrer Ausbildung drei Monate in einem Alten- oder Pflegeheim arbeiten. Eine 94-jährige Dame, die bis zur Aufnahme im Pflegeheim vor einem Jahr noch ein Patenkind bei uns hatte, wurde von einem unserer Azubis versorgt. Weil dieser so freundlich und fürsorglich war, verfügte sie, bei ihrem Tod auf Kranz- und Blumenspenden zugunsten unseres Kinderheims zu verzichten. Tatsächlich starb sie ganz überraschend eine Woche vor ihrem 95. Geburtstag. Für ihr Patenkind hatte sie noch ihren Enkel als neuen Paten gefunden. Ist das nicht eine richtige Bilderbuchgeschichte? Diese und noch eine weitere Spende aus traurigem Anlass fließen gerade in unseren eigenen Pflegefall in Kathmandu. 

Bei unserer 12-jährigen Junkiri – genannt „Juna“ –, die wir zwei Mal bewusstlos ins Kinderkrankenhaus in Kathmandu einliefern mussten, stellten die Ärzte schließlich Meningitis fest. Bewusstlos lag sie 19 Tage auf der Intensivstation. In Folge der Krankheit ist sie leider linksseitig gelähmt. Jetzt ist sie in einer Reha-Einrichtung mit Physiotherapie. Mit einem gesegneten Appetit nimmt sie inzwischen wieder feste Nahrung zu sich, hat wieder sprechen gelernt und kann seit wenigen Tagen mit Hilfe aufsitzen. Besucher aus dem Kinderheim erkennt sie, winkt ihnen mit dem rechten Arm entgegen und strahlt. Sie fragt sie nach deren Wohlbefinden und meint über sich selbst, dass es ihr gut gehe. Ihr Optimismus fördert sicherlich ihren Genesungsprozess. Der Krankenhausaufenthalt, die Medikamente sowie die Reha belaufen sich inzwischen auf fast 5000 Euro. Krankenversicherungen gibt es in Nepal leider nicht. Wir müssen für alles selbst aufkommen. Juna und jedes andere Kind sind uns das wert, aber die starke Belastung ist dennoch vorhanden. Und jeden Monat kommen 600 Euro für die Reha dazu.

Sehr stolz bin ich auf unsere Azubis in Deutschland, die Geld für den Krankenhausaufenthalt von Juna gesammelt und damit die Ausgaben für uns ein wenig abgefedert haben. Jetzt sind wir sehr dankbar für die zusätzlichen Spenden aus Trauerfällen, die uns helfen, diese enormen zusätzlichen Belastungen zu stemmen. Da wir nicht wissen, wie lange Juna noch in der Einrichtung bleiben muss, benötigen wir weitere finanzielle Mittel. Darf ich Sie daher um eine Sonderspende unter dem Stichwort „Juna“- egal in welcher Höhe - bitten? Jeder Cent hilft. Ich danke Ihnen im Voraus schon sehr herzlich dafür. Da in nepalesischen Krankenhäusern anstelle des Pflegepersonals die Familien für die Kranken sorgen müssen, haben unsere Mitarbeitenden sich Tag und Nacht bei den Diensten abgewechselt. Ihnen zolle ich höchsten Respekt für diesen selbstlosen Dienst. Seit einigen Wochen schon ist Junas Mutter da, die uns eine Menge an Pflege abnimmt.

Kindergarten, Grundschule und Kinderheim laufen gut. Alle Mitarbeitenden arbeiten harmonisch zusammen und haben die Tagesabläufe gewinnbringend für die Kinder organisiert. Unsere Kita besuchen von der Spielgruppe bis zur Vorschule derzeit 45 Kinder. In unserer Grundschule (Kusum Academy) haben wir 71 Kinder. Davon sind 19 externe bezahlende Schüler. In der weiterführenden JB School sind 61 unserer Schülerinnen und Schüler. Sie sind mit Unterricht und Atmosphäre dort sehr zufrieden. 

Auf unserer Gruppenreise vom 28.10. bis 13.11.2024 oder mit Trek bis 20.11.2024 haben wir noch einige freie Plätze. Aus Altersgründen werde ich dieses Jahr wohl zum letzten Mal diese Reise anbieten. Ergreifen Sie doch diese Chance und kommen Sie mit! Die Ausschreibung finden Sie hier:

Wir freuen uns über weitere Mitglieder, die aktiv im Verein mitarbeiten und mittelfristig auch den Vorsitz übernehmen würden.

 

Wir suchen weitere Praktikantinnen und Praktikanten. Auch mit Senioren und Seniorinnen haben wir sehr gute Erfahrungen gemacht. Mehr dazu lesen Sie auf unserer Seite zum Praktikum. Ein neues Einführungsseminar findet am Samstag, 20. Juli 2024 statt.

Über gut erhaltene gebrauchte Handys und Smartphones freuen wir uns nach wie vor. 

Ihnen allen danke ich noch einmal herzlich für Ihre stete Unterstützung und bitte Sie, uns die Treue zu halten. Wir benötigen Sie dringend weiterhin.

Ich wünsche Ihnen einen schönen und erholsamen Sommer!

 

Mit freundlichen Grüßen


Eine Vielzahl weiterer Rundbriefe, der vergangenen Jahre, finden Sie auch in unserem Downloadbereich zum Herunterladen als pdf.

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