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Rundbrief Nr. 54

Winter 2024

Liebe Freundinnen und liebe Freunde,

 

zur allergrößten Freude all unserer Kinder und Jugendlichen konnten wir dank einer Spende von „Ein Herz für Kinder“ diesen Sommer unseren Sportplatz fertigstellen. Ende 2022 hatten wir mit Sonderspenden den Grundstock für den Bau dieses überdachten Sportplatzes gesammelt und ihn im März 2023 soweit fertig gestellt, dass er bespielbar war (vgl. RB 51 Sommer 2023). Ohne Kunstrasen war jedoch das Spielen auf dem Platz wegen des durch den Sandbelag ständig aufgewirbelten Staubes der Gesundheit nicht förderlich. Jetzt hat er den notwendigen Kunstrasen bekommen. 

Wie alle unsere Häuser ist das Haus unserer Buben, ein ehemaliges Wohnhaus, mit 48 Jungen gut gefüllt. Mangels Räumlichkeiten werden ihre beiden Lernzimmer nicht nur für die Hausaufgaben, sondern auch fürs Essen, Spielen (z.B. Brettspiele), Quizze und Anschauen von Filmen genutzt. Das in die Jahre gekommene und sehr strapazierte Mobiliar musste deshalb erneuert werden. Unser rühriger Gesamteiter Rajesh schaffte es, von einer Bank in Nepal 30 neue Doppeltische und Bänke gesponsert zu bekommen. Zum ersten Mal erhalten wir damit eine Spende - und dazu noch gleich eine größere - aus Nepal, was uns sehr freut.

Trotz der heftigen, sehr späten Monsunregenfälle Ende September, von denen sogar unsere Nachrichten berichteten, konnten die meisten unserer Schützlinge für Dashain, das größte Hindufest, in ihre Dörfer fahren. Generell gesehen war die Gruppe der Zurückgebliebenen kleiner als in den Vorjahren. Wir freuen uns sehr darüber, dass mehr Kinder das Fest mit Verwandten erleben durften, denn sie sollen die Bindung an ihre Wurzeln nicht verlieren. Wir wollen „nur“ ihr zweites Zuhause, ein verlässlicher Ort der Geborgenheit und des Lernens für sie sein.

Parallel zum Fest in Nepal haben wir am 12. Oktober schon zum dritten Mal in Schwäbisch Gmünd Dashain gefeiert.

Da waren dieses Jahr 25 Nepali und 15 Gäste - zum Teil aus Deutschland, zum Teil aus Nepal - zusammengekommen. Unsere nepalesischen Azubis hatten die ganze Feier minutiös und relativ langfristig geplant. Hat da nicht Deutschland mit seinem starken Hang zum Vorplanen etwas abgefärbt?

An den Wochenenden davor waren sie aus Nord-Baden und Nord-Württemberg und sogar aus München zum Einstudieren ihrer Tänze und musikalischen Darbietungen in der Stauferstadt zusammengekommen, was aufgrund von Entfernungen, Wochenenddiensten z.B. bei den Pflege-Azubis oder Köchen gar nicht so einfach zu bewerkstelligen war. Trotz seines kleinen Sprachfehlers hielt Manoj eine glänzende Begrüßungsrede fehlerfrei und ohne einen Spickzettel zu benutzen. Was für eine Leistung! 

Als Zuschauer oder Zuhörer spürte man richtiggehend, mit welcher Inbrunst sich alle dem Üben gewidmet hatten. Es herrschte eine tolle Atmosphäre und Stimmung, von der sich alle Anwesenden begeistern und mitreißen ließen. Heimatgefühle kamen spätesten beim Essen auf, denn man konnte das mit Lammfleisch angereicherte nepalesische Nationalgericht einmal wieder mit der rechten Hand essen. Mit glänzenden Augen und tief befriedigt gingen unsere nepalesischen Jugendlichen wieder nach Hause. Sie hatten aufgetankt und die Sehnsucht nach der Heimat, die bei solchen Festen mitschwingt, gestillt, sie hatten wieder neue Kraft für all das „Andere“ in Deutschland gewonnen. 

Tief gerührt war ich von ihrem Blumenstrauß und einem gerahmten Gruppenbild von unserer ersten gemeinsamen Dashain-Feier vor drei Jahren, die sie mir als Geschenk überreichten. Ob in Nepal oder Deutschland: sie sind über all die gemeinsamen Jahre „die Kinder meines Herzens“ geworden. Ich bin sehr stolz auf ihre Entwicklung und besonders auf das, was sie bei dieser Feier geleistet haben. Von ihrem ausgezeichneten Niveau her setzte diese Veranstaltung Maßstäbe für die Zukunft. 

Mit unserer Reisegruppe vom 28.10. bis 12.11.2024 feierten wir das Tihar-Fest (Lichterfest) mit den Kindern in Nepal. Wir führten die Teilnehmenden in unseren Kindergarten und in unsere Grundschule, wo die Kinder kleine, herzerfrischende und manchen zu Tränen rührende Darbietungen brachten. Das Aufblühen der Kinder in diesen Einrichtungen zu sehen, bestätigt mir wieder, dass wir vor drei Jahren den richtigen Weg eingeschlagen haben. Die Tanz- und musikalischen Einlagen bei der anschließenden großen Feier mit allen Kindern und Jugendlichen waren sehr anmutig und wirkten professionell. Unendlich viele Stunden des Übens steckten dahinter. Sie traten mit einer alle ansteckenden Freude auf. Welch wunderschönes Geschenk hatten sie allen Anwesenden damit bereitet. Bilder zum Tihar-Fest finden Sie demnächst auf unserer Homepage.

Allen, die unserem Spendenaufruf für unsere an Meningitis erkrankten Juna gefolgt sind, möchte ich an dieser Stelle, zusätzlich zur persönlichen Mail, noch einmal herzlich danken. Ihre Spenden haben für ihre gesamte Behandlung gereicht. Leider scheint bei ihr ein körperlicher und geistiger Schaden zurückzubleiben. Wir suchen für sie immer noch eine behindertengerechte Einrichtung. 

Lassen wir zum Schluss noch Frau Sylvia Rall zu Wort kommen, die mit ihrem Mann diesen Herbst ihre beiden noch in unserem Kinderheim lebenden Patenkinder sowie das Heimatdorf ihres ehemaligen Patenkindes Jay Prakash Bohara – genannt JP (Aussprache: JayPi) – besuchte, der diesen Sommer seine Ausbildung als Zimmerer abgeschlossen hat. Im Rahmen meiner Gruppenreise 2017 hatten sie den 15-jährigen persönlich kennengelernt, seinen einjährigen Schulbesuch in der internationalen 10. Klasse des Friedrich-Schiller-Gymnasiums in Marbach am Neckar initiiert und ihn bei sich beherbergt (vgl. RB 43, Sommer 2019).

Eine neue Welt tat sich damit für den jungen Mann auf. Als sie JP 2018 vom Flughafen abholten, war sein erster Kommentar bei 80 km/h auf der Autobahn ein verschrecktes „so schnell“. Inzwischen lebt er seit 4 Jahren bei der Familie und hat sie mit seinem stets freundlichen Wesen und seiner ausgeglichenen, fröhlichen Art in dieser Zeit sehr bereichert. Kurz: Er ist ein Teil ihrer Familie geworden.

Damals hatte die Familie Rall/Schnaidt nicht die geringste Ahnung von Herkunft, Kindheit oder Lebensweise im Heimatdorf von JP. Erst bei ihrer diesjährigen dreiwöchigen Reise in sein weit im Westen liegendes, äußerst schwer zugängliches Dorf in Jajarkot ging ihnen ein Licht auf. Mit dem Bus von Kathmandu aus ist man 48 Stunden unterwegs. Falls man fliegt, wie sie es getan haben, muss man trotzdem zwei Tage einplanen: 40 Minuten Flug nach Surkhet, 18 Stunden Off-road bis zur Endstation des Busses in Jajarkot, drei Stunden steilster Aufstieg bis ins Dorf. Die Lebensweise im Dorf – sie hatten davon keine Ahnung und hätten es sich auch nicht vorstellen können. Heizung hat kein Haus in Nepal. In JP´s Dorf führt nicht nur keine Straße, es gibt auch weder Strom noch fließendes Wasser (man nutzt die Quelle in der Nähe). Alle Dorfbewohner arbeiten in der Landwirtschaft, sind Selbstversorger. Das Werkzeug für alles (Birne schneiden, Gras mähen, Fleisch zerkleinern …) ist die Sichel und wird von allen Dorfbewohnern stets bei sich getragen.

Nach JP´s Rückkehr nach Nepal im Sommer 2019 zur weiteren Schulbildung fiel die Entscheidung auf Zimmermann als Berufsausbildung.

 "Denn Zimmerleute braucht man in Deutschland, in Nepal, genauso wie in jedem anderen Land.“, schreibt Frau Rall. Und weiter: „Es gelang JP einen Ausbildungsplatz im Nachbarort von Marbach zu ergattern. Das Visa-Applikationsverfahren war trotzdem ein schwieriges Prozedere, was viel Nerven und Geduld erforderte. Aber wir haben es gepackt.

Im September 2021 ging es mit der Ausbildung los. Zunächst ein Jahr Praktikum – quasi noch ohne Verdienst – und dann 2 Jahre Ausbildung. Schon während seiner Ausbildung hat er seine Familie im Dorf unterstützt, seiner Schwester das Schulgeld bezahlt. Heute tut er dasselbe für drei weitere Kinder. Jetzt im September war seine Freisprechung, an der wir teilnehmen durften. Was haben wir uns mit JP gefreut. Was sind wir stolz auf ihn. Er hat es – trotz anfänglicher sprachlicher Herausforderungen – geschafft und ist nun Zimmermannsgeselle. Wow! Die Welt steht ihm offen, er hat alle Möglichkeiten. Chapeau!“

Noch kurz ein paar Worte zum Verein in Deutschland:

  • Wir freuen uns über weitere Mitglieder, die aktiv im Verein mitarbeiten und mittelfristig auch den Vorsitz übernehmen würden.
  • Ein neues Einführungsseminar für an einem Praktikum Interessierte findet am Samstag, den 4. Januar 2025 im „Hirsch- Nepali Kitchen“ in Schwäbisch Gmünd statt.
  • Über gut erhaltene, gebrauchte Handys und Smartphones freuen wir uns nach wie vor. Bitte vergessen Sie nicht, das Passwort herauszunehmen.
  • Wir suchen noch Paten. Ein Kind kostet 150 € im Monat, jedoch gibt es Patenschaften ab 30 €.
  • Wir verschicken inzwischen die meisten unserer Rundbriefe elektronisch. Sofern Sie eine E-Mail-Adresse haben, bitten wir Sie dringend, uns diese mitzuteilen. Damit tragen Sie zum Umweltschutz und zur Reduzierung unserer Arbeit bei. Da es für Vereine unserer Größe bei der Post beim Porto leider keine Ermäßigung mehr gibt, dieses zusätzlich noch zum 01.01.2025 auf 95 Cent ansteigen soll, helfen Sie uns mit ihrer E-Mail-Adresse darüber hinaus sehr, Kosten einzusparen. Herzlichen Dank dafür!

Wir danken Ihnen für Ihre treue Unterstützung und wünschen Ihnen in diesen unruhigen Zeiten friedliche Vorweihnachtstage. 


Eine Vielzahl weiterer Rundbriefe, der vergangenen Jahre, finden Sie auch in unserem Downloadbereich zum Herunterladen als pdf.

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